Wappenschwindel

In den Schlenkschen Familienarchiven findet sich auch das Bild eines alternativen Familienwappens. Vermutlich ist dies die nicht sehr sorgfältig erfolgte Abschrift eines heute nicht mehr existierenden Wappenbildes oder -briefes. Das Papier macht einen relativ neuen Eindruck (20. Jahrhundert?), daher scheiden wohl andere Erklärungen – z.B. ein noch älteres, ins Unreine gezeichnetes Angebot eines Wappenmalers – aus.

Der Text („Die Schlenk aus dem Vogtland kommend sind guten Geschlechts und führen im rot schwarzen Felde einen halben Adler mit zwei Fackeln, welche das Alter der Familie bedeuten. Einen geschloßenen Helm, darauf ein Adler, der den Aufschwung des Stammes darstellt. Dieses Wappen erhielten Sie unter Kaiser Albrecht, dem II. Anno 1438“) lässt den Leser stutzen: Inhaltsleere Formulierungen wie „guten Geschlechts“ und „Aufschwung des Stammes“ sind in der Heraldik nicht üblich.

—     Kopie des „Stammwappen der Familie Schlenk“ aus der Feder von Max Asten, dessen Bezeichnung auch auf seinen anderen Wappen „Wappenmaler und Heraltiker (sic!)“ lautete

Spätestens aber beim Namen „M. von Asten“ klingeln bei Wappenkundigen die Alarmglocken: Die Schlenks, die hier gutgläubig auf der Suche nach Familiengeschichte und vielleicht auch Aufwertung waren, waren leider an den falschen Heraldiker geraten.

Der Fälscher Max Asten, er nannte sich selbst zu Unrecht „von Asten“, * 1828, † 1897, war von 1850 bis 1895 in Neustadt an der (fränkischen) Saale, Roßmarktstraße 32, aktiv. In dieser Zeit überzog er Franken und Landstriche außerhalb mit seinen Schwindelprodukten – es müssen in Summe mehrere Tausend gewesen sein. Wie dreist er für seine Arbeit warb, zeigt folgender Zeitungsausschnitt.

Die Hochzeit der Wappenschwindler lag zwischen 1806 und 1932. Ein Grund dafür war, dass die deutschen Fürstenhöfe mit dem Ende des Alten Reiches (1806) die Ausstellung von Wappenbriefen einstellten, da es die Hofpfalzgrafen, die dies bis dahin durchgeführt hatten, nun ebenfalls nicht mehr gab.

In Astens Fälscherwerkstatt fand natürlich keine genealogische Arbeit statt. Die Wappen sind bunte Eigenkreationen, manchmal wurden auch willkürlich Wappenabbildungen aus den Siebmacherschen Wappenbüchern neu zusammengestellt. Auch die wenigen erwähnten Fakten wie das obige „Dieses Wappen erhielten Sie unter Kaiser Albrecht dem II. Anno 1438“ entbehren jeder Grundlage und finden sich stereotyp in sehr vielen älteren Fälschungen von Max Asten. Albrecht II. war 1404 unter Vormund und ab 1411 Herzog von Österreich, 1437 König von Böhmen, 1438 König von Ungarn, röm.-dt. König 1438-1439 – hatte jedoch nie die Kaiserwürde inne.

Max Astens „Werk“ lässt sich in fünf Schaffensperioden einteilen, Typ A-E. Die obige Firmenbezeichnung lässt darauf schließen, dass das Originalwappen vom Typ D war. Es war von einer Schablone mit Schmuckrand in Form stilisierter Laubblätter bzw. -ranken eingerahmt.

Literatur: Der Wappenschwindel, seine Werkstätten und ihre Inhaber.
Ein Blick in die heraldische Subkultur (1997)